Die Jesuitenkirche in Wien
Ich heiße Ines Pietsch und bin seit 2010 Geschäftsführende Gesellschafterin des Austria Classic Hotel Wien und führe voller Stolz dieses Traditionshotel in der 6. Generation. Vor kurzem habe ich die Jesuitenkirche in Wien kennengelernt, die ich vorher nur von außen kannte. Ich war anlässlich der Erstkommunionsvorbereitung meiner Tochter zu einer speziellen Führung durch die Kirche eingeladen und sehr begeistert.
Gründung & Jahreszahlen
Die Jesuitenkirche, die man auch Universitätskirche nennt, befindet sich am wunderschönen Dr.-Ignaz-Seipel-Platz neben der Alten Universität im 1. Bezirk, nur 20 Minuten zu Fuß vom Hotel entfernt oder eine U-Bahnstation (U1, Schwedenplatz). Im Jahr 1237 wird dieser Standort zum ersten Mal als Domschule bei St. Stephan erwähnt. 1365 unterzeichnete Herzog Rudolf die Gründung einer Universität, jedoch dauerte es noch einige Jahrhunderte bis die Universitätskirche von heute erbaut wurde. 1550 starteten zwei Jesuiten-Theologen mit Vorlesungen an der Universität Wien und gründeten ein Jesuitenkolleg. 1551 trafen dann die ersten Jesuiten in Wien ein. 1623 übernahmen die Jesuiten die Lehrstühle der humanistischen, philosophischen und theologischen Disziplinen der Universität Wien. Dafür erhielten sie das dazugehörige Gebäude und mussten somit auch eine Kirche bauen. Der Baubeginn der Kirche erfolgte am 21. Oktober 1622 und sie wurde 1631 geweiht. Der Baumeister ist leider nicht bekannt. Am 31. Juli kamen auf dem Wasserweg aus Innsbruck fünf Glocken als Geschenk von Erzherzog Leopold nach Wien zur Kirche.
Barockkirche
1702 holte Kaiser Leopold I. den Jesuitenbruder Andrea Pozzo nach Wien, welcher als Architekt, Bildhauer und Maler ab 1703 der Kirche ihre heutige hochbarocke Gestalt verlieh. 1827 wurde der Innenraum der Kirche durch Johann Peter Krafft restauriert. 1848 wurden die Jesuiten aus Österreich vertrieben. 1852 wurde die Gesellschaft Jesu für die gesamte Monarchie durch Kaiser Franz Joseph wieder hergestellt. 1856 übergab der Kaiser erneut die Kirche den Jesuiten. Von 1896 bis 1914 erfolgte erneut eine komplette Innenrestaurierung. 1934 (sowie auch schon im Jahr 1773) wurde die Gruft der Kirche als Begräbnisstätte für Jesuiten verwendet. Auch 1986 bis 1998 restaurierte man die Kirche von außen sowie innen. 2004 wurde die heutige Orgel feierlich geweiht. Die Kirche steht auf einer der wohl schönsten und intimsten Plätze Wiens und das große Portal bestimmt den Eingang. Die Kirche ist 50 Meter lang und 26 Meter breit. Sie erhält durch große Fensteröffnungen reichlich Licht. Andrea Pozzo gestaltete die Kirche um und zog in die acht Seitenkapellen Emporen ein, die alle miteinander verbunden sind. Diese kann man auch bei Führungen begehen und wird mit einem wunderbaren Blick auf die einzigartigen Deckengemälden belohnt. Die Emporen wurden nach unten geöffnet und man genießt auch hier einen abwechslungsreichen Ausblick in die acht Seitenkapellen. Der faszinierendste Blickpunkt des Kirchenraumes ist das Altarbild von Pozzo: Marias Himmelfahrt. Pozzo hat auch die illusionistische gemalte Kuppel als Scheinkuppel entworfen und somit eine großartige Atmosphäre geschaffen. Auch die reichlich verzierteKanzel mit Perlmutt und vielen goldenen Skulpturen ist absolut sehenswert.
Stuck & Marmor
Ein besonderes Schmuckstück ist auch die Sakristei, die wir mit dem Pfarrer aus unserem Wohnbezirk und allen Kindern der Erstkommunionsgruppen besuchen durften. Das wunderschöne Gewölbe ist mit Stuck und einer Marmorsäule geschmückt. In den Renaissanceschränken befinden sich historische Kelche aus dem 18. Jahrhundert, alte Bücher, eine wunderschöne Monstranz aus dem 19. Jahrhundert und historische Priestergewänder, welche uns sogar präsentiert worden sind. Die Kinder durften auch direkt bei der wunderschönen Orgel, gebaut vom Freiburger Orgelbauer Hartwig Späth im Jahre 2004, einem Organisten bei den Proben zuhören und einige Erklärungen zum Orgelspiel erfahren. Auch ihre Erstkommunionslieder probten sie gemeinsam mit ihrer Chorleiterin und hatten viel Spaß dabei. So eine Orgel hat schon wirklich viel Kraft und die Kinder sowie auch die Eltern waren begeistert von der Intensität der 2745 verschiedenen Pfeifen. Ein absolutes Highlight zum Schluss - nicht nur für die Kinder - war der Aufstieg über eine schmale Steinwendeltreppe zum 300 Jahre alten Holzdachboden. Ich kann den Besuch dieser wunderschönen Kirche nur allen wärmstens empfehlen und bin mir sicher, dass dies ein einzigartiges Erlebnis ist. Ganz in der Nähe der Kirche befindet sich auch der wunderschöne Heiligenkreuzerhof sowie in der verwinkelten, kleinen Schönlaterngasse ums Eck das sehenswerte Basiliskenhaus aus dem 13. Jahrhundert sowie die Alte Schmiede, heute ein Kunstverein.
Ein besonderer Schatz an der Kirche sind die von Chor und Orchester gestalteten Messen an Sonn- und Feiertagen. Die Chorvereinigung St. Augustin und das Consortium Musicum Wien machen diese Gottesdienste zu einem besonderen Erlebnis. Jeden Sonntag um 10:30 Uhr. Weitere Infos beim Programm auf der Homepage der Jesuitenkirche.
Stärkung nach der Besichtigung
Wer danach eine kleine Stärkung braucht, findet auf dem Heimweg zum Hotel eine Alt-Wiener Gaststätte am Fleischmarkt, genannt „Beim Czaak“, mit viel Wiener Charme, wo man traditionelle Wiener Gerichte seit 1926 wie Wiener Schnitzel vom Kalb, Alt-Wiener Backhendl und auch vegetarische Gerichte bekommt. Für eine Melange mit einem Stück Kuchen zwischendurch kann ich das Kaffee Alt Wien (seit 1922) in der Bäckerstrasse ums Eck empfehlen. Hier erhält man neben Kaffeespezialitäten auch Alt-Wiener Gerichte.
Viel Spaß beim Erkunden der Jesuitenkirche sowie der belebten Umgebung der Alten Universität!
Ihre Ines Pietsch